Wenn niemand da ist

Manchmal...ganz manchmal rede ich noch mit meinem Vater. Nur in Gedanken, denn was würde es ändern, wenn ich laut aussprechen würde, was ich an ihn richte? Trotzdem bilde ich mir manchmal ein, dass er das hört, was ich sage - und mir auch anwortet. Nicht mit Worten, sondern anders.

Jeden Tag hab ich das Gefühl, dass er bei mir ist. Dass er an mich denkt. Dass er mich beschützt. ♥

Ich vermiss ihn so.

Wenn ich anderen erzähle, dass mein Vater vor fast drei Jahren an Krebs gestorben ist, klappt das schon fast, ohne Tränen in den Augen zu bekommen. Aber jemandem dabei in die Augen gucken geht nicht. Weil sich das wie eine Lüge anfühlt. Warum, weiß ich nicht. Vielleicht, weil ich mir wünsche, dass es gelogen ist? Dass er noch lebt, ich ihn nur einfach nie wieder sehen kann? Ihn nie wieder um Rat fragen kann?

Es kommt mir immer noch so unwirklich vor. Ich glaube zwar, dass ich das alles schon längst vearbeitet habe...aber immer, wenn ich mir der Tatsache bewusst werde, dass der Tag im Krankenhaus, die Beerdigung, das Grab...dass das alles keim Traum war/ist, sondern dass es wirklich so passiert ist, kommen mir die Tränen und ich versuche, schnell auf andere Gedanken zu kommen. Weils sonst einfach nur schrecklich ist.

Und weil ich trotz allem immer noch das Gefühl habe, dass er noch da ist. Dass es ihn noch gibt. Dass er eben nicht tot ist. So fühlt es sich nunmal einfach für mich an. Ob ich nicht akzeptieren kann, dass er gestorben ist oder ob aus anderen Gründen, ich weiß es nicht. Mir kommt das alles so unwirklich vor...widersprüchlich...merkwürdig....ein bisschen falsch.

Wenn ich an seinem Grab stehe, kommt in mir eine Ohnmacht auf. Weil ich es nicht rückgängig machen kann, weil ich eine bessere Tochter hätte sein können, weil ich Angst habe, zu begreifen, dass da mein Vater begraben liegt. Weil das Begreifen so weh tut. Immer wieder.